Search

Die Wirtschaft braucht mehr Cowboys

Der lässige Auftritt von Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Auto Show in Detroit zeigt: Der moderne CEO setzt nicht mehr auf Etikette, dafür auf Nähe zu Kunden und Kritikern

Manchem Businessanzug-Träger mit dickem Krawattenknoten am Hals aus den Manageretagen der deutschen Wirtschaft wird beim Lesen der Morgenlektüre der letzten Tage die Kaffeetasse aus der Hand gefallen sein: Dieter Zetsche, Chef der schwäbischen Autoschmiede Daimler, die über Jahrzehnte den Prototyp der gediegenen und seriösen – aber auch langweiligen – Edelkarosse für Anzug- und Schlipsträger hergestellt hat, präsentiert auf der Auto Show in Detroit seine G-Klasse in Jeans, offenem Hemd, Cowboyhut und Schnapsglas. Zusammen mit Arnold Schwarzenegger, auch mit Cowboyhut und Schnapsglas, wenn auch immerhin mit Krawatte.

Ein wichtiges Statement

Ein Fehltritt in einer ansonsten durchgestylten Performance? Eine inszenierte Anbiederung an das derzeit tief gespaltene Gastland Amerika? Ein absolutes No-Go für den seriösen CEO eines erfolgreichen deutschen Weltunternehmens?

Nichts von alledem! Der Auftritt ist ein deutliches Statement einer sich in der Repräsentanz nach außen langsam durchsetzenden neuen Offenheit und Lässigkeit in deutschen Führungsetagen. Das war schon sichtbar beim Auftritt Zetsches in der aus seiner Sicht (grünen) Höhle des Löwen, dem Parteitag der Grünen 2016. Auch da kam er in Jeans und offenem Hemd. Und trotz der heftigen Kritik an der Verschlafenheit der deutschen Autoindustrie bei der Entwicklung schadstoffarmer Fahrzeuge wurde ihm bei seinem Erscheinen auch viel Respekt entgegengebracht.

CEO eines Weltunternehmens für Normalbürger ansprechbar

Dieter Zetsche, der CEO eines Weltunternehmens, der sich im politischen Raum öffentlich seinen schärfsten Kritikern stellt, der ausstrahlt, auch für den Normalbürger ansprechbar zu sein – und der sich nicht mit der Aura der elitären Unnahbarkeit und Exklusivität umgibt.

Das zeigte sich auch, als er sich bei Übernahme seiner Führungsposition als Erstes vom Neubau der Daimler-Führungszentrale in Höhenlage mit einem überdimensionierten Stern auf dem Dach verabschiedet hat – zugunsten des alten Herzens der Firma, dem Stammwerk Untertürkheim. Dorthin, wo auch die Blaumänner am Band stehen.

Weg mit der Wichtigtuerei der Führungsetagen

Diese neue Lässigkeit in Kommunikation und Präsentation, nicht zu verwechseln mit Lässigkeit in der Führung des Unternehmens, hat das Zeug, sich auszuweiten und sich breiter durchzusetzen. Weg mit den künstlich aufgebauten Kommunikationsbarrieren und der Wichtigtuerei in den Führungsetagen. Raus aus den überdimensionierten Penthouse-Büros mit Flächen, auf denen man Tanzstundenabschlussbälle feiern kann. Rein ins Getümmel nicht nur der Belegschaften.

Rein auch in die Welt außerhalb des Betriebs, wenn es angezeigt ist, auch in eine Welt der ökologischen, gesellschaftlichen und sozialen Kontroversen. Das tut den Unternehmen gut. Das fördert den Zusammenhalt der Gesellschaft, und genau das muss auch die thema tisch übergreifende Priorität von Politik und Wirtschaft sein.

Ein Symbol für Veränderung

Neben all dem PR-Geklingel, das zu einer US-Autoshow gehört, sind die Jeans, das offene Hemd und der Cowboyhut Zetsches ein Symbol dafür. Noch mehr, wenn man dazunimmt, mit wem er auftritt: Der populäre Schauspieler und republikanische Ex-Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, trägt eine Krawatte in den Klimaschutzfarben Blau für den Erhalt des blauen Planeten Erde und Grün für die Ökologie.

Feilschen und Verhandeln für Profis

Unser PDF-Ratgeber erklärt Ihnen, wie Sie erfolgreich verhandeln, sei es beim Autokauf oder der nächsten Gehaltsverhandlung.

Schwarzenegger hatte sich bei seinem Auftritt 2017 auf der UN-Klimakonferenz in Bonn vehement dem ignoranten Klimawandel-Leugner Donald Trump entgegengestellt. Auch das ist eine deutliche Botschaft vornehmlich für die USA selbst.

Wenn Zetsche dann beim nächsten Mal noch einen Elektro- oder Wasserstoff-SUV präsentieren würde, gäbe es wirklich gar nichts mehr zu meckern.

Zur Person: Rezzo Schlauch (70) war Grünen Fraktionschef und Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium

Im Video: Auto-Riese Daimler leiht sich Tesla von bayerischem Ehepaar – und fährt ihn zu Schrott

Let's block ads! (Why?)



Bagikan Berita Ini

0 Response to "Die Wirtschaft braucht mehr Cowboys"

Post a Comment

Powered by Blogger.