Gemeinsam mit einer lokalen Initiative wollen sie nun zeigen, dass auch kleine Minen zu vernünftigen Arbeitsbedingungen profitabel arbeiten können. Aber ob der Beweis gelingt? Das ist unklar. Noch steht dieses Projekt ganz am Anfang.
Für etwa eine halbe Milliarde Euro im Jahr kauft BMW reine Rohstoffe ein: etwa Stahl, Aluminium, bald auch Kobalt. Manches verbaut er selbst in seinen Fabriken in München, Leipzig oder Dingolfing, vieles reicht er jedoch weiter an andere Lieferanten, damit die wiederum BMW-Teile möglichst günstig und unter Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards erstellen können.
Eine knifflige Angelegenheit, denn auch die Einkaufsmacht westlicher Hersteller ist begrenzt, wenn es um Rohstoffe geht. Selbst BMW hat immer noch keinen vollständigen Einblick, aus welchen Minen genau die Schmelzen ihre Gesteine beziehen. Dabei ist dieses erste Glied in der Lieferkette so entscheidend. Vielleicht sind die Nachfragen der Münchner Einkaufsrechercheure noch nicht hart genug, aber es ist auch so, dass die Rohstoffkonzerne aufgrund der steigenden Nachfrage die Bedingungen diktieren: Auch wer viele Millionen zahlt, darf nicht alles sehen.
Auch der Industrieriese Volkswagen bekommt das zu spüren. Der Konzern will sich ebenso absichern, bei den Preisen und bei den Herstellungsbedingungen - gerade verschärfte Einkaufsvorstand Garcia Sanz die Einkaufsregeln, ausdrücklich ist das Verbot von Kinderarbeit festgehalten. Nun suchen sie einen Lieferanten, der ihnen für fünf Jahre Kobalt zu einem festen Preis unter den geforderten Öko- und Sozialstandards liefert. Die Verhandlungen laufen, heißt es aus Wolfsburg. Doch es zieht sich, weil die Rohstoffhändler nicht angewiesen sind auf VW.
Zwar ist nach Ansicht von Experten, etwa des Öko-Instituts, genug dieses Materials auf der Erde vorhanden, aber das Schürfen kommt der steigenden Nachfrage nicht hinterher. Alleine VW will sich, wie es heißt, für fünf Jahre bis zu 130 000 Tonnen Kobalt sichern, so viel wie die gesamte Weltproduktion im Jahr 2016. Das wird die Grundlage der Elektromobilität.
Doch die Rohstoffkonzerne machen mit dem Handel zu tagesaktuellen Preisen ein lukratives Geschäft: Vor einem Jahr kostete eine Tonne Kobalt auf dem freien Markt 30 000 Euro. Heute liegt sie bei 56 000 Euro. Großabnehmer bekommen natürlich reichlich Rabatt, Autobauer zahlen mitunter nur ein Drittel dieses Preises. Aber egal von welchem Niveau aus man es sieht: Der Preis geht nach oben, davon profitieren vor allem Spekulanten und Händler. Denn ganz unten in der Kette bleibt alles gleich. 4000 Euro kostet es eine Tonne Kobalt zu schürfen. Die Schürfer im Kongo haben nichts vom Aufschwung des Marktes.
Auch aufgeklärte Konsumenten können Druck ausüben
Noch schwieriger - im Hinblick auf Transparenz und Produktionsumstände - verhält es sich mit Materialien, die Einkäufer Konfliktrohstoffe nennen: Zinn, Tantal, Wolfram und Gold. Auch davon kommt vieles aus dem Kongo, doch aus dem Norden, wo Bürgerkrieg herrscht. Von 2000 bekannten Schmelzen seien nur 330 "konfliktfrei", auf die anderen hätte BMW also kaum Zugriff, sagt Geckeler. Dabei benötigten 1600 BMW-Lieferanten solche Materialien. Wie kann man das lösen? Schwer, sagt der Manager, das sei ein politisches, ein militärisches Problem. Vielleicht helfe der vereinte Druck der Wirtschaft ein wenig, um Konflikte zu befrieden. Bei vielen der Rohstoffe gibt es mittlerweile Initiativen, in denen sich Firmen aus aller Welt um Standards bemühen - das Ziel: Ordnungssysteme und Kontrollen, die den Einkäufern gute Bedingungen garantieren, ohne dass jeder selbst recherchieren muss. Geckeler selbst arbeitet in einem halben Dutzend solcher Initiativen mit. Die Konkurrenz Daimler veranstaltet jedes Jahr in Stuttgart eine Nachhaltigkeitskonferenz, bei der Vorstände, Politiker und Organisationen wie Greenpeace zusammenkommen.
Die Motivation zu all dem, was in der Wirtschaft "Nachhaltigkeit" genannt wird, ist übrigens oft durchaus profan. Dass Handy- und Autohersteller sich zunehmend um die Zustände ganz zu Beginn der Lieferkette sorgen, habe "nicht nur mit der Moral zu tun, sondern auch mit handfestem Geschäft", bekennt Geckeler: "Immer mehr große Kunden wollen Nachweise, dass wir nachhaltig produzieren, Siemens etwa oder IBM."
Es sei der Druck durch aufgeklärte Konsumenten und NGOs, der das Bemühen um gute Produktionsbedingungen im Kongo letztlich zu einem Geschäftsmodell mache, sagt der BMW-Manager. "Weil wir besser dastehen möchten als die Konkurrenz, weil wir nicht Schaden erleiden wollen durch schlechte Schlagzeilen."
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