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Wie die Börse den Aufstieg der Wirtschaft finanziert hat

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„Die schönen Zeiten, wo wir in Staatsgeldern schwammen, sind leider vorüber.“ Es sei jetzt „viel Geld hier im Geschäft nötig“, klagte Siemens-Gründer Werner von Siemens im Jahr 1890 in einem Brief an seinen Bruder Carl. Viele Städte im Kaiserreich standen den technischen Neuerungen der Energieerzeugung noch skeptisch gegenüber. Vor allem fehlte es ihnen an Erfahrungen mit möglichen Folgekosten. Nach Darstellung Siemens’ zögerten deshalb kommunale Auftraggeber, weitere Aufträge zur Elektrifizierung zu vergeben. Die Firmen selbst mussten wohl oder übel als Generalunternehmer auftreten und große Summen vorstrecken– für den Bau und den Betrieb von elektrischen Bahnen, Kraftwerken und für Beleuchtung. Dazu kam wachsende Konkurrenz: Siemens hatte die noch junge, aufstrebende AEG im Nacken. Eine Gesellschaft, die nach den Worten von Carl von Siemens „ohne die Hilfe ihrer Aktionäre“ in so kurzer Zeit „unmöglich so gross und mächtig“ habe werden können.

Bernd Freytag

Wirtschaftskorrespondent Rhein-Neckar-Saar mit Sitz in Ludwigshafen.

Mit einem schnellen Börsengang aber konnte sich der Siemens-Gründer doch nicht anfreunden. Erst 1897, fünf Jahre nach dem Tod von Werner von Siemens, wandelten die Nachkommen Siemens & Halske in eine Aktiengesellschaft. „Wir konnten uns der Überzeugung nicht verschließen, dass die Form der Commandit-Gesellschaft den Verhältnissen nicht mehr in genügender Weise entspricht und unter den wenigen durch das Gesetz vorgesehenen Gesellschaftsformen diejenige der Actien-Gesellschaft sich als die zweckmässigste erwiesen hat, um die weitere Entwicklung unseres Unternehmens an der Spitze der elektrotechnischen Industrie in einer von dem Leben und Gesundheit einzelner Personen unabhängiger Weise sicher zu stellen, und um ausserdem diejenige financielle Bereitschaft und Beweglichkeit zu erzielen, welche eine wesentliche Grundlage für die zukünftige Prosperität unseres Unternehmens bildet“, schrieben die Söhne Carl, Arnold und Wilhelm von Siemens am 18. Juni 1897 in einem Brief an ihre Angestellten. Die Skepsis des Vaters gegenüber der Börse war in einem Punkt jedenfalls unbegründet. Finanzielle Bereitschaft und Beweglichkeit gab es damals schon bei Privatinvestoren, anders als bei Kommunen. Und das offenbar mit mehr Geld und Weitblick als bislang angenommen.

Mehr Innovationen nach dem Börsengang

Die führende Börse in Berlin habe sich während der zweiten industriellen Revolution als gut funktionierender Finanzmarkt für neue Technologien bewährt. Die Industrialisierung und Innovationsfähigkeit Deutschlands sei viel mehr mit Eigenkapital und weniger mit Bankkrediten finanziert worden als bislang angenommen. Zu diesem Fazit sind jetzt der Mannheimer Wirtschaftshistoriker Jochen Streb und dessen Hohenheimer Kollegin Sibylle Lehmann-Hasemeyer gekommen. Sie haben 474 Börsengänge in der Zeit von 1892 bis 1913 untersucht. Die These, dass vor allem amerikanische Unternehmen früh auf den Kapitalmarkt vertrauen konnten, während in Deutschland die klassische Bankenfinanzierung Innovationen erschwerte, könne man für die untersuchte Zeit jedenfalls nicht bestätigen, sagt Streb.

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