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"Es wird politisch teuer"

Der SonntagVolkswirtschaftsprofessor Günther Schulze über Trumps Kalkül mit Strafzöllen.

Die EU wappnet sich mit Gegenmaßnahmen für die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle. Der Freiburger Wirtschaftsprofessor Günther Schulze über einen drohenden Handelskrieg und seine Verlierer.

Der Sonntag: Herr Schulze, die EU will mit Strafzöllen auf entsprechende Ankündigungen der USA reagieren. Ist das aus ökonomischer Sicht vernünftig?

Die EU reagiert damit auf die angedrohten Strafzölle der Vereinigten Staaten – und die geben wenig Sinn. Es ist für den Welthandel nicht sinnvoll, Handelskonflikte zu lösen, indem man sie bewusst verschärft und den Freihandel reduziert. Es ist ein lange bestätigter Lehrsatz, dass Freihandel in aller Regel für alle Beteiligten sinnvoll ist.
Der Sonntag: Würden Sie dann der EU empfehlen, auf Gegenmaßnahmen zu verzichten, weil sie mit eigenen Strafzöllen den Schaden für alle vergrößert?

Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten. Die Handelstheorie sagt, dass auch ein einseitiger Übergang zum Freihandel für das beteiligte Land sinnvoll ist. Nach dieser Lesart wäre das Hinnehmen von Strafzöllen zu befürworten. Das ist aber die Theorie. Die Politik hingegen besagt, dass wir Hoffnung auf ein Wiedererstarken des Freihandels nur dann bekommen, wenn es politisch für die Beteiligten sinnvoll ist. Das bedeutet, dass Trump die Kosten solcher protektionistischen Maßnahmen nicht nur indirekt, sondern auch ganz direkt spüren muss. Dann überlegt er es sich vielleicht anders.
Der Sonntag: Das muss doch zumindest Trumps Beratern bewusst sein.

Selbstverständlich kann man aus Sicht der US-Wirtschaft feststellen, dass solche Strafzölle der eigenen Wirtschaft schaden. Politisch muss das aber für Herrn Trump nicht schädlich sein. Der will zuerst seine Wählerbasis bedienen. Selbst wenn es ökonomisch nicht sinnvoll ist, kann sein politisches Kalkül aufgehen. Insofern ist die Auswahl an angedrohten Gegenstrafzöllen bezeichnend: Geplant sind Strafzölle für Harley Davidson-Motorräder aus Wisconsin – also in dem Wahlkreis von Paul Ryan, dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses. Der Whiskey aus Tennessee, der auch auf der EU-Liste für Gegenmaßnahmen steht, wird hergestellt im Wahlkreis von Mitch McConnel, republikanischer Mehrheitsführer im Senat. Es wird also politisch teuer, wenn die Unterstützer der Republikaner das direkt zu spüren bekommen. Insofern könnte Trumps Kalkül nicht komplett aufgehen.

Der Sonntag: Wenn Stahl und Aluminium aus der EU und China teurer wird, dann verteuern sich selbstverständlich auch US-Produkte. Die kaufen ja den Rohstoff.

Natürlich. Stahl ist ja ein typisches Vorprodukt für die Rüstungsindustrie, für die Bauindustrie und andere. Das trifft sowohl die US-Wirtschaft als auch den Konsumenten.
Der Sonntag: Dagegen setzen sich die Unternehmen doch zur Wehr.

Da muss man unterscheiden. Die mit dem Import konkurrierenden Unternehmen werden Beifall klatschen, Unternehmen, die importiertes Stahl als Vorprodukt verwenden, werden weniger glücklich sein. Viel wichtiger aber ist die gesamte Dynamik. Wenn auf Strafzölle mit Strafzöllen reagiert wird, dann bedeutet das, dass der internationale Warenaustausch zunehmend reduziert wird. Das ist weder im Interesse der Produzenten noch der Konsumenten aller beteiligter Länder. Zudem geht es nicht nur um die EU und die USA – ein Hauptzielland ist China. China beherrscht etwa ein Viertel des US-Stahlmarktes. Diese starke Stellung will der US-Präsident zurückdrängen.
Der Sonntag: Im Januar hat Washington bereits Strafzölle auf Waschmaschinen, Solarpaneele und spanische Oliven verhängt. Steuern wir auf einen Handelskrieg zu?

Ich habe keine Glaskugel, die mir darüber Auskunft gibt. Die Gefahr besteht aber. Sollte die internationale Arbeitsteilung zurückgehen, wären die Folgen dramatisch. Einiges wird davon abhängen, wie politisch profitabel die Strafzölle für Trump sind. Schließlich ist noch nicht entschieden, ob der Präsident die Strafzölle auch im Kongress durchsetzen kann. Auch wenn die Republikaner in beiden Häusern die Mehrheit haben, ist ein Erfolg für Trump nicht sicher.
Der Sonntag: Die erste Runde mit Strafzöllen hat er immerhin durchgesetzt.

Ja.
Der Sonntag: Die EU hat 2013 selbst Strafzölle auf Solarmodule aus China verhängt. War das sinnvoll?

Der Ausgangspunkt bei sogenannten Dumpingverfahren ist, dass Produkte unter den Herstellungskosten angeboten werden. Grundsätzlich wäre das kein Problem, da die ausländische Industrie die heimischen Konsumenten subventioniert, es sei denn, das exportierende Land erreicht dadurch eine solch starke Stellung, dass die Industrien anderer Länder zerstört und der Wettbewerb stark eingeschränkt werden. Nach der Dumpingphase kann das Exportland dann die Preise nach oben setzen. Das ist ein ernstes ökonomisches Problem. Im Falle der chinesischen Solarmodule scheint das der Fall gewesen zu sein.

Das Gespräch führte KLAUS RIEXINGER

ZUR PERSON

Günther Schulze, Professor für Volkswirtschaftslehre, studierte in Hamburg, Konstanz und Stanford. Er promovierte und habilitierte sich an der Universität Konstanz. Danach war er zu einem Forschungsaufenthalt an der Universität in Stanford in Kalifornien. Seit 2001 lehrt und forscht Schulze an der Universität Freiburg. Seine Schwerpunkte sind Entwicklungsökonomie, Internationale Politische Ökonomie und Ökonomie des Terrorismus.rix

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