Berlin. Das Ergebnispapier der Sondierungsgespräche von Union und SPD ist fertig und steht der Öffentlichkeit zur Verfügung. Seitens der Sondierer stellt der Inhalt die bestmögliche Lösung in allen politischen Bereichen dar. Neben positiven Reaktionen gibt es aber auch kritische Stimmen aus Wirtschaft und der Umwelt. Erste Reaktionen aus Politik und Gesellschaft im Überblick:
„Der Berg kreißte und gebar eine Maus“
Linke-Chefin Katja Kipping hat das Ergebnis der Sondierungen von Union und SPD über eine Regierungsbildung scharf kritisiert. „Der Berg kreißte und gebar eine Maus“, sagte Kipping am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Noch gebe es keine endgültige Klarheit, weil SPD-Chef Martin Schulz noch seine Basis herumkriegen müsse. Klar sei aber, dass die Republik in die letzte Runde mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gehe. Die Linke wolle die Chance für Veränderungen nutzen.
“Die Unmenschlichkeit in der Flüchtlingspolitik greift weiter um sich“
Die Grünen im Bundestag haben sich tief enttäuscht über die Ergebnisse der Sondierungen von Union und SPD über eine große Koalition geäußert. „Ohne uns werden die Klimaziele krachend verfehlt und die Unmenschlichkeit in der Flüchtlingspolitik greift weiter um sich“, erklärte am Freitag die Vizepräsidentin des Bundestags, Claudia Roth (Grüne). Was die Grünen in zähen Verhandlungen während der gescheiterten Jamaika-Sondierungen mit Union und FDP noch abgewehrt hätten, werde nun „grausame Wirklichkeit“.
Insbesondere rügte Roth die Kompromisse in der Migrationspolitik, wie sie in einem 28-seitigen Einigungspapier niedergelegt sind. „Bei den Rückführungszentren hat sich die CSU mit ihrer Politik der Kasernierung von Schutzsuchenden durchgesetzt“, kritisierte sie. Und der Beschluss zum Familiennachzug sei „gleich doppelt grausam, wenn die völlig inhumane Aussetzung zunächst verlängert wird und dann allenfalls tausend Schutzbedürftige pro Monat nachziehen sollen“.
„Es wird eine reine Loser-Koalition“
Für den AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen ist klar: „Die Fortführung der Regierungskoalition von Union und SPD kann den Namen Große Koalition kaum mehr für sich beanspruchen. Es wird eine reine LoKo, eine Loser-Koalition.“ Einziger Lichtblick: Mit dieser LoKo falle der Alternative die Rolle der Oppositionsführerschaft im Deutschen Bundestag zu. Die würde sie sehr entschlossen und vital nutzen für das notwendige alternative Politikangebot zu dem „Weiter so-Gewurschtel der ehemaligen Großkoalitionäre.“
„Eine gute Nachricht für Europa“
Der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni hat den Durchbruch bei den Sondierungen für eine große Koalition in Deutschland begrüßt. Die Einigung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Martin Schulz sei „eine gute Nachricht für Europa“, twitterte der Sozialdemokrat am Freitag.
„Kommunen profitieren von Milliarden-Investitionen in Bildung“
Michael Groschek, der nordrhein-westfälische SPD-Chef, ist überzeugt vom Ergebnispapier und will für die Aufnahme von Koalitionsvereinhandlungen mit der Union werben. Die SPD habe bei den Sondierungen 80 Prozent ihrer Ziele erreichen können, sagte Groschek am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.
Die Kommunen in NRW könnten deutlich profitieren, sagte er. So werde etwa der Aufbau eines sozialen Arbeitsmarkts Städte mit vielen Langzeitarbeitslosen entlasten. Auch von Milliarden-Investitionen in Bildung, sozialen Wohnungsbau und Pflege könne NRW wesentlich profitieren.
„Kernkriterien sind deutlich gerissen worden“
Die Jusos halten die Ergebnisse der Sondierung für nicht ausreichend, um in eine neue große Koalition zu gehen. Einige „Kernkriterien“ für eine Zusammenarbeit, seien „deutlich gerissen worden“, sagte Juso-Chef Kevin Kühnert am Freitag vor der Berliner Parteizentrale der Sozialdemokraten. Konkret nannte er die Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz für Topverdiener und die Regelungen zur Flüchtlingspolitik. „Hier steht eine Obergrenze drin“, sagte Kühnert mit Blick auf das Ziel der Sondierer, die Zuwanderungszahlen auf 180 000 bis 220 000 zu begrenzen, und die strikte Reglementierung des Familiennachzugs. „Das ist wirklich sehr weit weg von dem, was die SPD als Kriterien festgelegt hat“, stellte Kühnert fest.
„Verzicht auf Steuererhöhung ist zu wenig“
Kritik an den finanzpolitischen Plänen von Union und SPD äußerte derweil die Deutsche Wirtschaft: „Wir vermissen Ansätze für eine wettbewerbsfähige Steuerreform“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer. „Der Verzicht auf eine Erhöhung der Steuern für Unternehmen, die im weltweiten Wettbewerb stehen, ist zu wenig.“ Unter dem Strich drohten eher Mehrbelastungen, etwa bei Lohnzusatzkosten. Gute Ansätze fänden sich bei mehr Investitionen in Bildung und Breitbandausbau und dem klaren Bekenntnis zu Europa.
„Es drohen vier Jahre Stillstand im Umweltschutz“
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bewertet die Ergebnisse der abgeschlossenen Sondierungsgespräche aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes als mangelhaft. Für die Organisation drohen unter einer vierten großen Koalition weitere vier Jahre Stillstand beim Natur- und Umweltschutz. Mit den formulierten Willensbekundungen werde weder das Klima geschützt noch eine saubere Luft garantiert.
„Duales Gesundheitssystem kann Herausforderungen bewältigen“
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) begrüßt, dass das Gesundheitssystem mit Augenmaß verbessert und die Patientenversorgung in Deutschland gestärkt werden soll. „In einer immer älter werdenden Gesellschaft müssen Anpassungen im Gesundheitssystem angegangen werden. Unser duales deutsches Krankenversicherungssystem patientenorientiert entsprechend den gesellschaftlichen Veränderungen zu verfeinern, ist eine wichtige Aufgabe. Ein reformiertes duales Gesundheitssystem kann die anstehenden Herausforderungen bewältigen“, so BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel.
„Bei der Rente marschieren Union und SPD in die falsche Richtung“
Die Unternehmer in Rheinland-Pfalz haben nach der Sondierung von Union und SPD vor teuren Versprechungen gewarnt. Die große Koalition könne sich sozialpolitisch als teuer und beschäftigungsfeindlich erweisen, sagte der Präsident der Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU), Gerhard Braun. „Die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge verteuert Arbeit und erschwert daher den weiteren Beschäftigungsaufbau. Bei der Rentenpolitik marschieren Union und SPD mit der sogenannten Grundrente und der abermaligen Ausweitung der Mütterrente ein weiteres Mal in die falsche Richtung.“
Von RND/dpa/lf
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