Search

Der Startaholic

Er führte Deutschlands größtes Social Network StudiVZ, verkaufte es für 85 Millionen Euro und wurde vor dem 30. Geburtstag Millionär. Jetzt steckt Gründer und Investor Michael Brehm sein Geld in die Zukunft: in künstliche Intelligenz.

Viel Zeit hat Michael Brehm heute nicht. Er wählt seine Worte genau. Kein Small Talk, keine Füllwörter. Der Mann ist auf Effizienz getrimmt. Nur Tage trennen den Unternehmer vom offiziellen Launch seines neuen Babys: der Firma i2x, die sich, wie aktuell viele Start-ups, mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinandersetzt.

Brehm hat sein Ziel klar vor Augen. „Diese Welt dreht sich immer schneller, Industrien entstehen und zerfallen. Wie schafft man es als Mensch, dessen Biologie und kognitive Fähigkeiten in Hunderttausenden Jahren entstanden sind, in so einem Umfeld zurechtzukommen? Wir brauchen die Technologie“, sagt der 37-Jährige über sein neues Geschäftsfeld.

Konkurrenten wie Google und Facebook

Nach Schätzungen des Digitalverbands Bitkom wird das Weltmarktvolumen der Produkte rund um kognitive Systeme und maschinelles Lernen bis zum Jahr 2020 auf 21,2 Milliarden Euro steigen, sich verfünffachen. Auch deshalb entwickelt i2x intelligente Sprachsoftware: Gespräche analysieren, Mitarbeiter schulen, Kommunikation verbessern. Alles automatisch, selbstlernend.

„Es ist ein Produkt, bei dem man in der Entwicklung gegen die technologische Machbarkeit kämpft“, sagt Brehm. Er muss sich mit innovativer Technik abheben, für konkrete Anwendungsfälle. Denn Big Player von Google bis SAP investieren seit Jahren in künstliche Intelligenz. Diese Konkurrenz kennt er schon aus seiner ersten Erfahrung als Chef. Dieses Wochenende spricht er auf der Branchenkonferenz Startup Day’n’Nite in München genau darüber – seinen Kampf gegen Facebook.

„Es fühlt sich wie Magie an“

Es war eine Auseinandersetzung, die bereits im Jahr 2006 begonnen hatte, als Brehm die Geschicke von Europas größtem sozialem Netzwerk leitete. Schon 2007 verbrachten 40 Prozent der deutschen Internet-Nutzer ihre Zeit auf StudiVZ. Einer Kopie des schnell wachsenden Facebook, das Gründer Ehssan Dariani in Amerika kennengelernt hatte. Es war eine der ersten Heldengeschichten der noch jungen deutschen Digitalbranche.

„Die technische Infrastruktur musste innerhalb eines Jahres aus einem Studentenprojekt heraus für Millionen skalierbar sein. Wir haben die Server teilweise selbst zusammengeschraubt“, erinnert sich Brehm, der damals als Geschäftsführer dazukam. Das junge Team um den exzentrischen Dariani stand plötzlich in der Öffentlichkeit, feierte Nutzerrekorde, wie man sie als Digitalpionier eben feiert.

StudiVZ verkaufte er für 85 Millionen Euro

Brehm übernahm dabei nach außen hin die Rolle des verantwortungsvollen älteren Bruders, der bei der Party daran erinnert, Untersetzer zu benutzen. Er, der die sichere Karriere bei der Investmentbank Merrill Lynch für den Digitaltraum aufgegeben hatte, an dessen Wand ein Diplom der renommierten Otto Beisheim School of Management in Koblenz hängt, hatte bei StudiVZ die Hoheit über Finanzen und Organisation. Trotz Fame und Fun im Berliner Büro blieb er am Ende Zahlenmensch.

2007 machte der Verkauf an Holtzbrinck für 85 Millionen Euro die Ende-20-Jährigen reich. Zwei Jahre später verschwand ihr Netzwerk sehr schnell in der Bedeutungslosigkeit. Schuld war nicht zuletzt die Datenschutzdebatte, die auf dem Rücken des Start-ups ausgetragen wurde. StudiVZ steckte sein Kapital in die Optimierung der Nutzer-Privatsphäre, Mark Zuckerberg in neue Features. Am Ende war den Nutzern Datenschutz nicht so wichtig. Facebook siegte, und Brehm stieg noch vor dem Ende bei StudiVZ aus.

Investoren brauchen den "Hit im Portfolio"

Es folgten das E-Commerce-Netzwerk Rebate und eine erfolgreiche Investorenlaufbahn. „Ich war einer der ersten Gesellschafter von Lieferando“, erzählt er. So etwas nennt er einen Hit im Portfolio. Das braucht man, um die 30 bis 50 Prozent der Projekte auszugleichen, die scheitern.

Brehm ist gern der Erste. Und wer in der Szene ganz vorn mit dabei sein will, braucht Mut zum Risiko – und Kapital. Das Start-up i2x finanzierte er selbst. Seit zwei Jahren läuft die Entwicklung der Produkte. Brehm hat Vertrauen und diese fast kindliche Begeisterung für jeden Schnipsel Code, der die Welt neu rechnet.

„Wenn man neue Technologie aufbaut und es funktioniert, fühlt sich das so ein bisschen wie Magie an“, sagt er und bleibt trotz Tech-Pathos auf dem Boden der monetarisierbaren Tatsachen. „Dass die Roboter die Welt übernehmen – davon sind wir im Moment noch weit entfernt. Wir können froh sein, wenn wir ein paar funktionierende Anwendungen haben.“

Menschen mit Erfahrung

Darin steckt aktuell das größte Potenzial. Für die meisten Start-ups sind neue Technologien inzwischen wichtiger als Ideen: „Wir erleben die nächste Generation. Zweit- und Drittgründer, die ihre Erfahrungen gemacht haben, oft Ingenieure.“ Business ganz nach Michael Brehms Geschmack.

Er setzt auf Menschen mit Erfahrung. Dennis Bemmann, der damalige Technikchef von StudiVZ, ist als Berater bei i2x mit an Bord. „Freundschaft und Ethik sind wichtig. Es ist einfach, kurzfristig Profite zu machen, aber das ist nicht nachhaltig“, findet der Unternehmer. Geht es am Ende nicht um Geld? „Geld bedeutet Freiheit, die Möglichkeit, beruflich an seinen Träumen zu arbeiten“, antwortet Brehm. Das Wort „beruflich“ betont er dabei.

Geld öffnet Türen zu neuen Investments, Technik, zu mehr Arbeit, nicht zur Villa oder zum Sportwagen. Diese Überzeugung nimmt man ihm ab. Sein liebstes soziales Netzwerk ist die Job-Plattform LinkedIn, wo es keine Fotos von Sonnenuntergängen und Caffè Latte gibt. Seine spärliche Freizeit verbringt er analog, wie er sagt. Ohne Display vor der Nase lässt es sich besser Richtung Zukunft schauen.

Im Video:  In Zukunft rufen Sie kein Taxi mehr, sondern ein Flugzeug - und das wird es kosten

Let's block ads! (Why?)



Bagikan Berita Ini

0 Response to "Der Startaholic"

Post a Comment

Powered by Blogger.