Von Christian Stang
WIESBADEN - An der Bürgerversicherung scheiden sich die Geister. Die SPD ist offenbar entschlossen, die Einheitskrankenversicherung für alle zum zentralen Thema der Sondierungsgespräche über eine Neuauflage der Großen Koalition im Bund zu machen. In der Union stößt das auf entschiedenen Widerstand. Auch Ärzte und Wirtschaft in Hessen haben den SPD-Plänen eine klare Absage erteilt.
Die Einführung einer Bürgerversicherung wäre ein „Sargnagel für das System der ambulanten Versorgung“, erklärte der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH). Die aktuelle Diskussion belaste bereits jetzt massiv die Entscheidung junger Ärzte, in die ambulante Versorgung zu gehen, sagten die KVH-Vorstände Frank Dastych und Eckhard Starke. Die Annahme, dass bei der Einführung einer Einheitsversicherung und Einheitsgebührenordnung die Honorare auf das Niveau der privaten Krankenversicherung (PKV) angehoben würden, sei vollkommen unrealistisch. Die Wirklichkeit sehe anders aus, so der Ärzteverband. Ohne die finanzielle Quersubventionierung aus der privaten Krankenversicherung hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit zahlreiche Praxisinhaber in Hessen ihre Tätigkeit beenden müssen.
- EINHEITSLÖSUNG
Nach Plänen der SPD sollen in der Krankenversicherung zukünftig alle Bürger einheitlich in einer Bürgerversicherung versichert werden. Alle Neukunden sollen in die gesetzliche Krankenkasse gehen und derzeit Privatversicherte ein Wechselrecht erhalten. Derzeit sind etwa 8,8 Millionen Menschen in der privaten Krankenversicherung. Darunter 4,3 Millionen Beamte mit Angehörigen, außerdem Selbstständige sowie Angestellte mit einem Verdienst oberhalb der Versicherungspflichtgrenze von 4800 Euro Bruttoeinkommen.
Ohne die Privatversicherungen könne kaum noch eine Krankenkasse ihren Auftrag erfüllen. Die Vergütung für ambulante Leistungen der gesetzlichen Kassen müsste beim Wegfall der PKV um mindestens 30 Prozent erhöht werden. Dann müssten die Beiträge um ein bis zwei Prozent steigen. Andernfalls fehlten für die ambulante Versorgung in Hessen zwischen 450 und 600 Millionen Euro pro Jahr, erklärten Dastych und Starke.
Schon jetzt fehlen in Hessen Haus- und Fachärzte
In Hessen seien bereits jetzt mehr als 180 Haus- und Facharztstellen nicht besetzt. Der Wunsch von Jungmedizinern, für ihre Arbeit nach einer möglichen Niederlassung ein vernünftiges Honorar zu erwirtschaften, dürfe nicht mit untauglichen Lösungen aus der politischen Mottenkiste beantwortet werden. Mit der Bürgerversicherung würde eines der besten Gesundheitssysteme der Welt infrage gestellt. Um die gute Gesundheitsversorgung in Deutschland zu erhalten, müssten die Haupthemmnisse für die Niederlassung wie die Budgets, Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Fallzahlbegrenzungen oder Honorarquotierungen abgeschafft werden, forderte der Ärzteverband. Auch die hessische Wirtschaft warnte vor einer Einführung der Bürgerversicherung. Wenn der höhere Umsatz mit Privatpatienten wegfalle, könnten auch gesetzlich versicherte Patienten nicht mehr an den dadurch gut ausgestatteten Arztpraxen und medizinischen Innovationen teilhaben, sagte Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU). „Die sogenannte Bürgerversicherung wäre teuer und versorgungsschwach“, meinte er. Der Verband forderte die hessischen Bundestagsabgeordneten und die Landesregierung auf, sich vom freundlich klingenden Namen der Bürgerversicherung nicht blenden zu lassen und für eine auch künftig bezahlbare und versorgungsstarke Krankenversicherung auf zwei Säulen einzutreten.
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