Äußern möchte sich HNA dazu nicht, trotz all der markigen Worte, die Aufsichtsratschef Chen sonst von sich gibt. Aber die Allianz wäre natürlich attraktiv. Sie verfügt über Milliardenreserven, die gesetzlich vorgeschrieben sind, praktisch aber nie gebraucht werden. Mit diesem Geld ließen sich auch andere Aktivitäten finanzieren. Zudem übersteigen die Eigenmittel einer Versicherung in der Regel den Börsenwert - wer eine Gesellschaft kauft und in seinen Konzern eingliedert, kann die Differenz als Buchgewinn einstreichen. Wer die Allianz übernimmt, könnte also danach ein ganz großes Rad drehen. Und im Zweifel noch mehr Firmen in Deutschland kaufen.
Selbst der Führung in Peking ist das ein wenig unheimlich. Bereits im vergangenen Spätherbst schränkte sie die Auslandsaktivitäten chinesischer Firmen massiv ein. So dürften Übernahmen branchenfremder Unternehmen seitdem nicht mehr als eine Milliarde Dollar kosten und nur in Ausnahmefällen mehr. Die absolute Obergrenze beträgt zehn Milliarden Dollar. Der Grund: Die Kapitalflucht soll eingedämmt werden. Seit Sommer 2014 musste Peking beinahe eine Billion Dollar seiner Währungsreserven einsetzen, um den Yuan stabil zu halten. Mit jeder Transaktion, mit jedem Deal aber verlässt Geld die Volksrepublik. Das sollte zumindest bis zum 19. Parteitag im Herbst auf ein Mindestmaß zurückgefahren werden. Soweit der Plan.
Einen ähnlich hohen Anteil an der Deutschen Bank halten zwei Scheichs aus Katar
Für HNA schien diese Regel allerdings außer Kraft gesetzt zu sein. Chens Leute stiegen trotz der Vorgaben aus Peking bei der Deutschen Bank ein und erwarben den Flughafen Hahn in Deutschland. Bis Mitte Juni ging das gut, dann machten Gerüchte die Runde, die Behörden hätten den Banken in China den Auftrag erteilt, alle Darlehen des Konzerns zu überprüfen. Seitdem ist Ruhe eingekehrt, und auch der Allianz-Deal scheint vorerst auf Eis zu liegen.
Bei der Deutschen Bank aber kam HNA noch in diesem Frühjahr zum Zuge. Das Institut war in einer deutlich wackeligeren Lage als die Allianz. 9,9 Prozent der Aktien hält HNA nun. Erstmals seit vielen Jahren wird Deutschlands größtes Geldhaus damit wieder von einflussreichen Großaktionären dominiert. Einen ähnlich hohen Anteil halten zwei Scheichs aus der Herrscherfamilie von Katar. Sie sind seit 2014 beteiligt. Zusammen könnten HNA und Katar rein theoretisch die wichtigsten Beschlüsse der Hauptversammlung bestimmen.
Das neue Machtgefüge bei der Deutschen Bank bereitet inzwischen vielen in der Finanzbranche Sorgen. Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) prüfen seit einigen Wochen, ob sie die beiden Großaktionäre einem sogenannten Inhaberkontrollverfahren unterziehen sollen. Die Kontrolleure würden dann untersuchen, ob die Anteilseigner "zuverlässig" sind, vor allem, woher das Geld für den Aktienkauf stammt.
Zwar ist dem Vernehmen nach weiterhin offen, ob die EZB ein derartiges Verfahren eröffnet, die ebenfalls involvierte Bafin ist jedoch schon weiter. Sie prüft derzeit, ob sich die beiden Großaktionäre bei der Abstimmung auf der Hauptversammlung zusammen getan haben. Im Extremfall könnte die Aufsicht ihnen die Stimmrechte entziehen.
Aber dringen diese Probleme wirklich bis auf die Tropeninsel Hainan vor, wo HNA seinen Sitz hat? In China, so scheint es, warten derweil fast alle gebannt auf den Parteitag, das wichtigste politische Ereignis seit fünf Jahren. Am 18. Oktober geht es los. Dann steht fest, wer künftig im Ständigen Ausschuss des Politbüros sitzt, Chinas Machtzentrale. Seit 2002 gehört HNA-Gründer Chen zu den Parteitagsdelegierten. Er wählt mit. "Ich bin Mitglied der Kommunistischen Partei, also glaube ich an den Kommunismus", sagte Chen einmal. Viele seiner Genossen hoffen, dass nach dem Parteitag die Einkaufssperre aufgehoben wird und die Shoppingtour weitergeht. Was dann alles bei HNA auf dem Zettel steht, lässt sich nun erahnen.
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