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AfD wählen schlecht für die Wirtschaft stimmt das?

Hei ru yu na mi ta yu re „AfD wählen schlecht für die Wirtschaft“ – stimmt das?

Von Alex Jost.

Die größten deutschen Wirtschaftsinstitute warnen, in seltsam koordinierter Manier, vor den möglichen Folgen eines Einzugs der AfD in den Bundestag. Drei renommierte Ökonomen – Clemens Fuest vom Münchener Ifo-Institut, Michael Hüther vom IW Köln und Marcel Fratzscher vom DIW – offenbarten gegenüber dem Handelsblatt ihre düsteren Prognosen bezüglich des wahrscheinlichen Einflusses eines politisch sichtbaren und parlamentarisch etablierten Rechtspopulismus auf die Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik. Alle drei kommen zur gleichen alarmistischen Schlussfolgerung: AfD wählen ist schlecht für die Wirtschaft.

Eine Woche vor der Wahl warnen die Vertreter der bedeutendsten arbeitnehmer- und arbeitgebernahen Wirtschaftsinstitute einstimmig vor einer Verminderung der Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandpunkt im Falle eines Einzugs der AfD in den Bundestag. Doch ihre Prognosen basieren auf einer empirisch wackeligen und   fast schon populistisch einfachen Logik.

Der Blick auf die Entwicklung der regionalen Wirtschaftsleistungen im Osten der Republik stellt vor allem das Argument Fuests in Frage, welches konkret auf regionale Korrelationen zwischen der Stärke der AfD und einem schlechten Investitionsklima anspielt. Wo die für ausländische Investoren angeblich abschreckende Rhetorik des Rechtspopulismus im politischen Diskurs besonders hörbar ist, leidet die Wirtschaft:

„Fremdenfeindliche Aussagen von Parteien, die in Parlamenten vertreten sind, können ähnlich wie fremdenfeindliche Übergriffe Investoren abschrecken . . . Viele Investoren werden überlegen, ob es ihnen gelingen wird, Mitarbeiter aus anderen Regionen oder Ländern zum Umzug an den Investitionsstandort zu bewegen.“

Die konkrete Implikation Fuests Argument: umso stärker die öffentliche Unterstützung für die AfD in einer Region, desto mehr leidet die Wirtschaft an schwächelnden ausländischen Investitionen.

Das sächsische Wirtschaftswachstum liegt deutlich über dem Durchschnitt

Dieser Logik zu Folge, müsste mindestens seit Entstehung der Pegida-Bewegung Ende 2014 die sächsische Wirtschaft in großen Schwierigkeiten stecken.
Seit dem häufen sich die nationalen und internationalen Negativschlagzeilen über die vermeintliche Assoziation zwischen sächsischer Mentalität und verstärkter Ausländerfeindlichkeit. Mittlerweile meint Die Welt, der Rechtsextremismus “gehöre” zu Sachsen. Obwohl die nächste Landtagswahl erst 2019 ansteht, gilt Sachsen als feste Hochburg der AfD.

Doch laut dem Arbeitskreis “Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder”, in dem alle statistischen Landesämter vertreten sind, verzeichnete Sachsen im Jahr 2016 ein Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent – deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1,9 Prozent. Das ist das dritte mal in Folge, dass Sachsen überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum verzeichnet. Zu diesem Wachstum trägt die Dynamik der Region um Dresden maßgeblich bei.

Ohne Berlin stieg das BIP der neuen Bundesländer im durchschnitt so stark wie im Bundesdurchschnitt.

In Sachsen-Anhalt, dem Bundesland in dem die AfD im März 2016 mit einem Stimmenanteil von 24,3 Prozent in den Landtag einzog, verzeichnet der Tourismus im ersten Halbjahr 2017 eine Rekordbilanz . Laut dem Tourismusbarometer des Ostdeutschen Sparkassenverbandes wuchs die Zahl der Übernachtungen mit 6,5 Prozent stärker wie in keinem anderen Bundesland. Das liegt auch teilweise am Reformationsjubiläum. Doch schon 2016, im Jahr der Rechtspopulisten, erreichten die Übernachtungen einen Rekordwert. Seit Anfang 2017 wuchs die Zahl der ausländischen Übernachtungsgäste um 17,9 Prozent – vor allem Gäste aus Österreich und Polen trugen zum Trend bei – während die inländische Steigerungsrate bei nur 5,7 Prozent lag. Also kann das Bundesland, trotz AfD, inländische und ausländische Touristen weiterhin für sich begeistern.

Außerdem widerspricht das momentane Investitionsverhalten europäischer und internationaler Firmen der simplistischen Grundannahme eines negativen Verhältnisses zwischen Investitionsklima und politischer Sichtbarkeit des Rechtspopulismus. Bekanntlich investieren Unternehmen aus europäischen Ländern, mit der Ausnahme von Deutschland, weiterhin kräftig in die Türkei – trotz diktatorischer Wende und politischer Instabilität.

Michael Hüther (IW) und Marcel Fratzscher (DIW) betrachten die Situation eher von der bundespolitischen Perspektive. Fratzscher sieht die AfD und ihre Themen als gefährliche Ablenkung: „Die Gefahr ist groß, dass die neue Bundesregierung mehr auf populistische Debatten eingehen wird, als sich auf wichtige wirtschafts- und sozialpolitische Reformen zu konzentrieren,“ meinte er gegenüber dem Handelsblatt. Anscheinend schätzt Fratzscher die Debatte über die skandalöse und höchst gefährliche Niedrigzinspolitik der EZB und die sich anbahnende Schuldenvergeimeinschaftung innerhalb der Eurozone, welche zum wirtschaftlichen Kernprogramm der AfD gehört, auch als populistisch ein. Hüther äußerte noch diffusere Bedenken: weil die AfD “jenseits des demokratischen Fundaments der Gesellschaft in Deutschland” stünde, wäre sie “als drittstärkste Kraft eine Belastung für den Standort Deutschland.” Eine konkretere wirtschaftliche Kausalität, die den Auftritt der AfD mit einer verminderten Wirtschaftsleistung verbindet, erörtert Hüther nicht.

Natürlich geht keine der drei Analysen so weit wie die alarmistische Headline von Die Welt und behauptet Deutschland stehe kurz vor einem “Wirtschaftsdesaster”. Doch die Diagnosen und Prognosen, die uns die führenden Ökonomen des Landes unterbreiten, erscheinen mir schon etwas einfach. Dabei ist es ein Merkmal des Populismus, wenn man einfache Antworten auf schwierige Fragen gibt.

Alex Jost stammt aus Dresden und studiert momentan Politikwissenschaft und Geschichte in Oxford

Foto: Bildarchiv Pieterman

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