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Starbucks warnt vor Krebsgefahr durch Kaffee

  • Eine NGO hat in den USA Starbucks und rund 90 weitere Unternehmen erfolgreich verklagt, weil sie ihre Verbraucher nicht vor einer möglichen Krebsgefahr durch das Acrylamid im Kaffee warnen.
  • Die Unternehmen werden gegen das Urteil wohl Widerspruch einlegen.

Das Leben ist gefährlich und endet immer mit dem Tode. Diese Gewissheit, die der Mensch meist in seinem Unbewussten verwahrt, bekommen Kalifornier nun schon zum Frühstück serviert. In dem US-Bundesstaat müssen Kaffeeröstereien ihre Kunden davor warnen, dass selbst ihr Morgenkaffee womöglich ihr Leben verkürzt. "Chemikalien, die nach dem Wissen des Staates Kalifornien Krebs erregen können, sind in Kaffee, Backwaren und anderen Lebensmitteln und Getränken enthalten, die hier verkauft werden", informiert das Unternehmen Starbucks jetzt gut sichtbar. Konkret geht es um einen Stoff, der schon seit Jahrtausenden in aller Munde ist, in Europa aber exakt seit 2002 die Gemüter erregt: Acrylamid.

Freiwillig weisen die US-Kaffeeröster nicht auf die unappetitlich klingende Substanz hin. Ein Richter hat sie dazu verdonnert, auf ihren Kaffeeprodukten vor der potenziellen Gefahr durch Acrylamid zu warnen. Unternehmen der Branche hätten nicht überzeugend darlegen können, dass die Gefahr durch die beim Rösten entstehende Chemikalie zu vernachlässigen sei, erklärte Richter Elihu Berle am Mittwoch in Los Angeles.

Hintergrund für seinen Spruch ist die kalifornische "Proposition 65". Die Verordnung verpflichtet Unternehmen, ihre Kunden vor den mehr als 900 Chemikalien zu warnen, die nach Meinung des Staates Kalifornien die Gesundheit schädigen können. Weil Acrylamid auch im Kaffee enthalten ist, hatte die Nichtregierungsorganisation CERT Starbucks und rund 90 weitere Unternehmen der Branche verklagt. Die Firmen, zu denen McDonald's und Dunkin' Donuts gehören, können noch bis zum 10. April Widerspruch einlegen, und das werden sie wohl auch tun: "Krebswarnungen auf Kaffee wären irreführend", sagte Verbandspräsident William Murray. Zahlreiche Studien hätten den gesundheitlichen Vorteil von Kaffee belegt.

Die mögliche Gefahr durch Acrylamid wird in Europa schon seit 2002 diskutiert. Damals hatten schwedische Wissenschaftler auf die Substanz hingewiesen, die sie eher zufällig in Lebensmitteln fanden und als potenziell krebserregend einstuften. Bis heute ist nicht sicher geklärt, ob Acrylamid aus Lebensmitteln dem Menschen überhaupt schadet, aber da beim Thema Krebs keine Unbedenklichkeitsgrenze definiert werden kann, empfiehlt etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung, die Entstehung der Substanz in Lebensmitteln möglichst zu minimieren.

Das Unangenehme daran ist, dass Acrylamid ausgerechnet bei Herstellungsprozessen entsteht, die Lebensmitteln besonders lecker machen: beim Rösten von Chips zum Beispiel, beim Braten von Kartoffeln, beim Frittieren von Pommes frites, beim Trocknen von Knäckebrot und beim Backen von Pizza, Brot und Keksen. Und dabei ist es ziemlich egal, ob den Nahrungsmitteln zu Hause eingeheizt wird oder in einer industriellen Großbackstube. Die chemische Reaktion, die zur Bildung von Acrylamid führt, läuft immer dann ab, wenn kohlehydrathaltige Speisen auf mehr als 120 Grad erhitzt werden. Formal gilt: je länger und je heißer, desto mehr Acrylamid.

Deutschland hat bereits 2002 Maßnahmen ergriffen. Chips-Sorten, Keks-Produkte und Müsli-Packungen verschiedener Hersteller wurden auf ihren Acrylamidgehalt verglichen. Wer nach oben herausstach, musste sich verpflichten, künftig mit weniger Hitze und acrylamidärmer zu backen, braten oder rösten. Auf den gesunden Mittelwert kam es an. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hatte einen auch aus kulinarischer Sicht klugen Rat: Vergolden statt Verkohlen.

Es dauerte ein paar Jahre, bis die EU ähnliche Empfehlungen entwickelte. Vom 11. April an müssen Hersteller nun aber ähnlich handeln. Die EU-Verordnung 2017/2158 legt diverse Maßnahmen nahe, um den Gehalt an Acrylamid zu senken. So sollten für Chips Kartoffelsorten gewählt werden, die von Natur aus weniger Acrylamid bilden und schonend gelagert worden sind. Brot, Kekse und Cerealien sollten so hell wie möglich bleiben, weshalb goldgelbe Brötchen in deutschen Bäckereien schon seitLlangem durch blassweiße verdrängt worden sind. Und auch für Kaffee gelten neue Regeln - etwa die, mehr Arabica- und weniger Robusta-Bohnen zu verwenden. Kaffeeröster sollten über ihre Mischungen nachdenken und den Röstprozess überprüfen, sagt die EU.

So weit sind sie in Kalifornien noch nicht, da warnen sie erst mal nur. Bei mehr als 900 Stoffen, auf die Verbraucher hingewiesen werden müssen, bedeutet das vor allem eines: Das Wissen um das unausweichliche Ende dringt unausweichlich ins Bewusstsein.

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