Die deutsche Wirtschaft drängt darauf, schnell eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Laut der traditionellen Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters bei den Präsidenten der Spitzenverbände zum Jahreswechsel sorgt die schleppende Regierungsbildung zunehmend für Verunsicherung. "Für die Betriebe verlängert diese Hängepartie die Ungewissheit", bemängelte etwa Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer gegenüber Reuters.
"Wir wissen nicht, in welche Richtung es bei Steuern, Sozialabgaben, bei Digitalisierungsinvestitionen oder in Sachen Europa geht: Ziel und Streckenzustand unbekannt."
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH)
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer mahnte, internationale Entscheidungen mit Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft warteten nicht, bis die Politik "aus der Reha kommend" wieder in die Arbeit einsteige.
Der Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf, sieht die negativen Folgen vor allem in den vergebenen Chancen.
"Unsere Exportnation Deutschland muss rasch wetterfest gemacht werden."
Dieter Kempf, BDI
Größere Probleme liegen anderswo
Gelassen beurteilt dagegen der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, die aktuelle Lage: Bislang sehe er keine negativen Auswirkungen der langen Regierungsbildung:
"Einige Monate hält die deutsche Wirtschaft politische Unsicherheit noch aus, wenn danach für zumindest einige Jahre die Richtung verlässlich und investitionsfördernd ist."
Eric Schweizer, Präsident DIHK
Schweitzer sieht die größeren Probleme anderswo: Die mit Abstand größte Sorge der deutschen Wirtschaft sei der Fachkräftemangel. Um diesem entgegenzuwirken, fordert Schweizer eine individuelle Förderung von Langzeitarbeitslosen, flächendeckende Ganztagesbetreuung für Kinder sowie eine gezielte Zuwanderung in Ausbildung und Arbeit.
"Nötig ist ein Einwanderungsgesetz"
Hans Peter Wollseifer, Präsident ZDH
Außerdem fordern die Verbandspräsidenten eine zukunftfähige Steuerstrukturreform, auch im Hinblick auf den härteren Steuerwettbewerb mit den USA. Zudem dürften die Sozialversicherungsbeiträge nicht über 40 Prozent steigen. Auch mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten halten sie für nötig.
Gute Konjunkturaussichten
Die Verbandspräsidenten erwarten trotz allem eine Fortsetzung des kräftigen Wachstums im kommenden Jahr: Arbeitgeberpräsident Kramer schätzt, dass das Wachstum 2018 wieder deutlich über zwei Prozent liegen wird und die tariflichen Grundgehälter um zwei bis drei Prozent steigen. Die Kapazitätsauslastung in der Industrie sei so hoch wie seit neuen Jahren nicht mehr, so BDI-Präsident Kempf. Laut Handwerkspräsident Wollseifer sei 2018 mit einem Umsatzplus von etwa drei Prozent zu rechnen. Und auch über die Perspektiven des Groß- und Außenhandels äußerte sich BGA-Präsident Bingmann grundsätzlich zuversichtlich.
"Die deutsche Wirtschaft brummt."
Ingo Kramer, Präsident Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
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